Spezielle Traumatologie

 
...bevor in diesem Kapitel auf die verschiedenen traumatisch bedingten Erkrankungen des Bewegungsapparates des Pferdes eingegangen wird, ist das Thema Lahmheit an sich näher zu betrachten.

Die Lahmheit

Es handelt sich hier um ein Zeichen für eine struktur- oder funktionsbedingte Störung, die eine oder mehrere Gliedmaßen betrifft und im Stand der Ruhe, vor allem aber in der Bewegung sichtbar wird. Dabei wird unterschieden zwischen:

- Stützbeinlahmheit

Sie wird während der Belastungsphase, also beim Fußen deutlich. Eine Gewichtsverlagerung weg von der erkrankten Extremität tritt ein; dies ist an der Vordergliedmaße durch Kopfnicken zur gesunden Seite hin, an der Hinterextremität durch ein Hängenlassen der Kruppe des kranken Beines zu erkennen. Bei Betrachtung von der Seite her ist ein geringeres Durchdrücken der Fessel an der betroffenen Seite zu beobachten. Bei Wendungen auf engem Kreis ist oft ein sog. Wendeschmerz vorhanden. In der Regel wird das Schmerzgeschehen in den unteren Abschnitten der Gliedmaße vorliegen.


Nach Schwere der Lahmheit lassen sich vier Grade unterscheiden:

1. Grad: nur hörbar

2. Grad: hörbar und sichtbar; die erkrankte Extremität wird aber noch in vollem Umfang aufgesetzt. Je nach Deutlichkeit spricht man von einer gering-, mittel- und hochgradigen Stützbeinlahmheit.

3. Grad: es liegt nur mehr eine Zehenspitzenfußung vor.

4. Grad: die erkrankte Extremität wird nicht mehr aufgesetzt.

- Hangbeinlahmheit
diese zeigt sich während des Vorführens der Gliedmaße; diese Phase ist verkürzt; der Vorführbogen ist flacher, Knie- und Sprunggelenk werden in geringerem Umfang gebeugt. Ihre Ursache liegt in den oberen Bereichen der Extremität.

- gemischte Lahmheit
diese Lahmheit zeigt sich sowohl während der Stützbein-, als auch während der Hangbeinphase der Bewegung.

- Scheinlahmheit
die durch Entlastung der betroffenen Gliedmaße erfolgende Gewichtsverteilung während der Bewegung bewirkt eine scheinbare Mehrbelastung einer anderen Extremität; dies führt zu einem scheinbaren Lahmheitsbild an einem an sich gesunden Bein.

(Dr. med. vet Andreas SENDLHOFER, Auszug aus dem Vorlesungsskript: Anatomie; Ausbildung:ARGE Tierphysiotherapie Österreich, 2021; copyright)