Ernährungsphysiologie

Nähr- und Wirkstoffbedarf des Pferdes.

Der Nährstoffbedarf eines Pferdes ist je nach Alter, Rasse, Temperament, Verwendungszweck und Arbeitsintensität unterschiedlich. Deshalb ist es schwierig, für den Nährstoffbedarf auf die Körpermasse bezogene allgemeingültige Normen aufzustellen. Grundsätzlich können alle Nährstoffe der verdaulichen organischen Substanz energetisch genutzt werden. Der energetische Wert von Futtermitteln ist jedoch überwiegend abhängig von ihrem Rohfasergehalt, der die Energieausnutzung mindert. Da aber alle Pferde, mit Ausnahme der Fohlen, im Futter einen gewissen Strukturanteil benötigen, können bei sehr hohem Energiebedarf der Tiere beide Forderungen nur sehr schwer miteinander in Einklang gebracht werden.

Der Energiebedarf setzt sich zusammen aus dem Erhaltungsbedarf und dem Leistungsbedarf. Der für das Tier nutzbare Energieanteil des Futters ist die Nettoenergie. 
Die Bedarfswerte an Energie variieren auch nach klimatischen Verhältnissen und es ist auch zu berücksichtigen, dass größere Pferde je Masseeinheit einen geringeren Energiebedarf haben als kleinere Tiere.

Beim Reit- oder Arbeitspferd muss bereits bei leichter Arbeit mit etwa 50% über dem Erhaltungsbedarf liegenden Werten gerechnet werden. Zur Erhaltung der Kondition von Rennpferden ist deshalb eine optimale Energieversorgung notwendig und die reichliche Verabreichung leicht verdaulicher Kohlenhydrate als wesentlichster Energieträger empfehlenswert.

Proteinbedarf

Beim wachsenden Pferd hat das Eiweiß die Aufgabe, vor allem Material für die Neubildung von Körpereiweiß zu liefern. Jugendliche Pferde haben daher einen wesentlich höheren Proteinbedarf als erwachsene Tiere. Beim erwachsenen Pferd muss das Eiweiß der Ration nur die jeweiligen Eiweißverluste im Organismus ersetzen. Durch Arbeitsleistung erhöht sich die Umsetzung der Körpereiweiße nur geringfügig, der Energieverbrauch aber sehr stark.

Rohfaserbedarf

Pferde benötigen einen Anteil von etwa 15-20% Rohfaser in der Ration, die über Rauhfuttergaben (Weide, Heu, Stroh) zugeführt wird. Die ausreichende Rohfaserversorgung ist aus folgenden Gründen notwendig:

Herstellung des Futtervolumens zur Auslösung des Sättigungsgefühls, zur mechanischen Reizwirkung auf die Darmwand zur Förderung der Darmtätigkeit und –Peristaltik, zur Mischung konzentrierter Futtermittel, um ein zu enges Nährstoffverhältnis zu erweitern. 

Darüber hinaus kann bis zu einem Viertel der resorbierten Energie aus den mit Hilfe der Mikroorganismen gebildeten flüchtigen Fettsäuren stammen. Aus den genannten Gründen ergibt sich ein täglicher Bedarf von 5-6kg Ballastfutter, vorzugsweise am Abend gegeben. 

Mineral- und Spurenelementbedarf

Von den Mineralstoffen sind besonders Kalzium, Phosphor, Natrium, Magnesium, Kalium und Schwefel lebensnotwendig. Vor allem für die Skelettentwicklung und die Erhaltung eines gesunden, belastungsfähigen Bewegungsapparates sind diese Mineralstoffe von Bedeutung. Mineralstoffe und Spurenelemente müssen nicht nur in ausreichenden Mengen, sondern auch im richtigen Verhältnis zueinander zugeführt werden, besonders wenn Höchstleistungen gefordert werden.

Kalzium und Phosphor werden vom jugendlichen Organismus vor allem für den Aufbau des Skeletts benötigt. Beide Bedarfswerte liegen daher am höchsten im frühen Wachstum und während der Laktation. Daher benötigen säugende Stuten und Fohlen eine zum Grundfutter zusätzliche Kalzium- und Phosphorversorgung. Ein Ca– P –Verhältnis von 1,5 : 1 hat sich als optimal erwiesen. Nur selten entspricht das Verhältnis dieser Elemente in der Ration den physiologischen Bedürfnissen, besonders bei reichlichen Getreidegaben wird der relative Phosphorüberschuss immer größer und Kalzium muss ergänzt werden. So benötigt man zum Ausgleich von 1 kg Hafer etwa 10 g Kalziumkarbonat.

Natrium ist als Bestandteil des Kochsalzes für das Pferd bei hohen Leistungen oder bei Hitze von besonderer Bedeutung, weil es in großen Mengen im Schweiß enthalten ist. Bei schärferer Arbeit können über Schweiß und Harn bis zu 100 g Kochsalz ausgeschieden werden, was etwa 35 g Natrium entspricht. Den Pferden sollte daher eine ständige Kochsalzquelle in Form von Lecksteinen zur Verfügung stehen.

Durch Osmorezeptoren, die im Blut einen konstanten osmotischen Druck einstellen, wird der Appetit für Kochsalz reguliert und Überversorgung verhindert.

Derzeit gelten 24 Spurenelemente als lebensnotwendig, wobei jedoch bei einigen neuen oder Ultra-Spurenelementen noch Zweifel über die Essentialität bestehen. Die Spurenelemente werden 3 Gruppen zugeordnet:

Klassische Spurenelemente: Eisen, Mangan, Zink, Kupfer, Selen, Jod, Cobalt, Molybdän, Chrom und Fluor Ultra-Spurenelemente: Aluminium, Arsen, Barium, Blei, Bor, Brom, Cadmium, Caesium, Lithium, Nickel, Rubidium, Silicium, Vanadium, Zinn

Toxische Elemente: Arsen, Fluor, Cadmium, Quecksilber, Molybdän und Blei, wobei auch alle anderen Elemente toxisch wirken können.

Der Eisengehalt ist über alle gängigen Futtermittel gesichert. Zu hoher Gehalt verschlechtert die Manganverwertung, was zu sekundären Manganmangel-erscheinungen führt. Diese äußern sich in stiller Brunst und Abortneigung.

Der Zinkbedarf liegt um 40 mg/kg Futtertrockenmasse, wird aber durch Kalziumüberschuss, Phytin und bestimmte Eiweißbausteine antagonistisch beeinflusst. Zinkmangel verursacht Haar- und Epithelschäden und senkt die Fruchtbarkeit.

Der Kupferbedarf ist in der Regel gedeckt, Molybdän und Kadmium wirken jedoch antagonistisch.

Da Fohlen wegen der Kupferarmut der Stutenmilch längere Zeit von ihren intrauterin angelegten Reserven leben müssen, ist besonders auf die Kupferversorgung der trächtigen Stuten zu achten, damit mangelbedingte Skelett- und Gefäßschäden vermieden werden.

Selen spielt als Bestandteil der Glutathion-Peroxidase eine große Rolle als Schutz der Zellen vor oxidativer Zerstörung. Selen ist ein Synergist zu Vitamin E und anderen Antioxidantien und wird auch bei der Prostaglandinsynthese, im Fettstoffwechsel und im Immunsystem benötigt.

Der Jodbedarf ist in Jodmangelgebieten, in denen auch Kropfbildung vorkommt, am günstigsten durch jodiertes Viehsalz sicherzustellen, wobei wieder trächtige und laktierende Stuten besonders zu berücksichtigen sind.

(Dr. med. vet Johannes WINKLER, Auszug aus dem Vorlesungsskript: Physiologie; Ausbildung: ARGE-Tierphysiotherapie Österreich, copyright)