Artgerechter Umgang mit dem Pferd

Der Umgang mit dem Pferd - Grundlagen

Neue Pferde müssen sich erst an den neuen Alltag gewöhnen!

 
Ist das Pferd erst mal in einen in einen neuen Herdenverband aufgenommen worden und hat sich enstprechend eingelebt, ist die Zeit gekommen, auch etwas Neues kennen zu lernen. Dazu gehört die Gewöhnung an den neuen Besitzer und seine Familie, an eventuell weitere Haustiere, ans Halftern, Anbinden, Putzen, an Hufpflege und Zäumen.
Wie wichtig jedoch die stufenweise eingewöhnung an solche Kleinigkeiten ist, merkt man erst dann, wenn es zu Schwierigkeiten kommt.
Selbstverständlich muss sich ein Pferd an einen neuen Besitzer erst gewöhnen. Zunächst wird es etwas scheu  vorbeigehen, es kann ja nicht wissen, ob diese ihm neue Person gut oder schlecht gesinnt ist.

Deshalb sollte mit demNeuzugang viel geredet werden, damit es die Stimme kennenlernt. Streckt langsam eure Hand aus, um es am Hals zu berühren. Langsam wandert die Hand zum Mähnenkamm, um dort kräftig zu kraulen. Dieses Krabbeln an der Mähne betreiben Pferde jeden Alters bei gegenseitiger Fellpflege und empfinden es als Freundschaftszeichen- ebenso das kräftige Kraulen an Widerrist, Schweifwurzel und Unterseite des Halses.
Genussvoll nehmen Pferde dabei den Kopf hoch und strecken die Oberlippe vor, die jetzt steif wird und gelegentlich zuckt.
Kraulen, ruhige Bewegungen, freundliches Zureden und regelmäßiges Füttern lassen das Neue bald heimisch werden und Vertrauen zu euch fassen.

Der tägliche Umgang
Bald kommt man mit dem Pferd zurecht. Wichtig ist, dass man sich bei anfänglichen Problemen immer wieder selber fragt, was mache ich vielleicht falsch.
Überfallt ein Pferd nie mit ständig neuen Ideen. Übt eine Sache nur so lange, wie es aufmerksam mitmacht, lasst ihm Zeit die Lektion zu begreifen.
Manche Pferde begreifen in wenigen Tagen, wozu andere Wochen brauchen. Das ist durchaus keine Frage des Alters.
Verliert aber nie die Geduld, wenn sich ein Pferd gar zu dusselig oder widersetzlich anstellt, denkt immer daran konsequent aber nicht sträflich zu handeln.

Einfühlvermögen gepaart mit konsequenter Führung ist der Erfolg für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Spart auch nicht mit Lob, dass Pferd muss wissen, wann es etwas gut gemacht hat (kleine Belohnung darf sein). Der Einsatz von Leckerlies sollte erst nach Abschluss der Übung erfolgen, sonst ist das Pferd abgelenkt und bettelt ständig.
Wichtig sind stets die gleichen Kommandos und Worte für die gleichen Aufgaben.
Kurze, hart ausgesprochene Worte ermahnen oder tadeln
Gedehnte, mit tiefer Stimme gesprochene Worte beruhigen.


Junges Pferd wohin
Kein junges Pferd sollte vor dem vollendeten 3. Lebensjahr eingeritten werden. Selbst Vierjährige sind noch nicht ausgewachsen und müssen schonend auf die neue Aufgabe, die Belastung des Rückens, der Knochen und Sehnen vorbereitet werden.
Gute und vor allem bewährte Ausbildung ist anzustreben. Ein junges Pferd ist anatomisch-physiologisch ohne etwaiger Folgeschäden nicht bereit, in vier- oder fünf Wochen eine  A- Dressur- fertig zu absolvieren. 
Grundsätzlich sollte man bei der Ausbildung als Pferdebesitzer immer dabei sein. Ganz gleich wozu sie ihr junges Pfed später benutzen wollen, eines sollte es können, nämlich mit dem Reiter geradeaus laufen. Ein junges Pferd braucht Monate, um unter dem Reiter gelöst und im Gleichgewicht zu gehen.
Die Rückenmuskeln können sich nur langsam und über Monate hinaus adaptiv ausbilden. Eine Überbeanspruchung bringt nur unnötige Schmerzen und Widersetzlichkeiten. Deshalb sollte das Anreiten auf sanfte Art, langsam, mit vielen ,,Denkpausen" und in kurzen Übungsintervallen geschehen.
Trainiert man so ein Pferd langsam auf, bleibt einem jungen Pferd genug Zeit, sich seine Aufgaben auch in kleinsten Schritten einzuprägen und seinen Körper gesund zu entwickeln.

Eine heutzutage vielfach mehr als intensive, nur auf ,,Leistung" ausgerichtete Zucht, Aufzucht und Haltung (Frühreife) unserer Pferde, verbunden mit einer schon frühzeitigen starken Beanspruchung nach dem Motto : Zeit ist Geld in unserer schnelllebigen Konsumgesellschaft, führt in sehr vielen Fällen recht bald zu mehr oder minder großen Schäden an den Extremitäten (aber auch anderen Organen und Organsystemen und der Seele) des Pferdes. Gerade dann in besonderem Maße, wenn- wie leider zunehmend häufiger- eine erbliche Disposition bzw. zumindest Prädisposition noch hinzukommt. In vielen Fällen ist ein sprichwörtlicher Pferdefuß dafür verantwortlich, wenn heutzutage sehr viele Pferde bereits in einem Alter dienstuntauglich sind, in dem sie vor noch nicht zu langer Zeit als Remonten bezeichnet und auch entsprechend schonend eingesetzt wurden.

Die Gliedmaßen des Pferdes, in Ruhe schon mit dem ganz erheblichen Körpergewicht belastet, sind während der Bewegung ganz gewaltigen zusätzlichen Belastungen und Erschütterungen ausgesetzt, die durch Körpergewicht des Reiters zum Teil noch beträchtlich verstärkt werden. Dazu hin führen Fehlstellungen der Gliedmaße zu zusätzlichen, unphysiologischen Belastungen einzelner Gelenke, Sehnen und Bänder, aber auch ganzer Gliedmaßen.
Eine Beziehung zwischen Körperbau des Pferdes und einer ganzen Reihe von Lahmheiten bzw. deren Ursache sind durchaus gegeben. Insbesondere die großen Gelenke mit mehreren Gelenkebenen und vielen Gelenkflächen (Vorderfußwurzelgelenk, Sprunggelenk) aber auch Fessel-, Knie- und Schultergelenk sind, zumal zu Beginn der Arbeit, wenn das Pferd womöglich noch einen Tag stehen musste, nur ungenügend mit der wichtigen Gelenkschmiere versorgt, so dass sehr leicht Knorpeldefekte im Bereich der Gelenke auftreten, die sich sehr rasch zu erheblichen Läsionen ausbreiten können.

Lösungsphase
Der Lösungsphase zu Beginn der Arbeit mit dem Pferd ist daher größte Bedeutung zuzumessen.
Die Vordergliedmaßen des Pferdes sind vornehmlich zum Tragen (rund 55%) sowie zum Auffangen des Körpergewichtes des Pferdes (samt Reiter) in der Vorwärtsbewegung ausgerichtet.
Weiterhin dienen sie der Änderung der Bewegungsrichtung. Gerade die damit verbundenen Drehbewegungen in den Gelenken haben entscheidende Auswirkungen auf den gesamten Stützapparat des Pferdes. Die Beckengliedmaßen hingegen dienen in erster Linie der Schubkraftübertragung von hinten nach vorne, übernehmen jedoch mit zunehmendem Ausbildungsstand dann auch etwas mehr an Körpergewicht.
Der Mittelfußknochen des Pferdes richtet sich sinnvollerweise mit seinem Querschnitt nach den unterschiedlichen Hauptbelastungsrichtungen. Er ist somit in der Vorhand queroval zur Pferdeachse, in der Hinterhand dagegen längsoval.
Aufgrund der höheren Belastung der Vordergliedmaßen, insbesondere gerade beim Springen, betrifft die überwiegende Zahl von Lahmheiten somit auch die Vorhand des Pferdes. Von diesen Lahmheiten wiederum haben mehr als 30% ihre Ursache im oder unterhalb des Vorderfußwurzelgelenkes.

Prophylaxe am Pferd
Eine gute, sinnvolle und richtig betriebene Prophylaxe (Vorbeugung vor Krankheiten und Verletzungen) ist anzustreben.

Der Hauptvorteil ist aber doch wohl der, dass das Pferd weiter einsatzfähig ist, somit geritten, gefahren, trainiert und auf Turnieren oder in Rennen gestartet werden kann.
Zweifellos ist eine gute Konstitution in Verbindung mit einer dem Einsatz des jeweiligen Pferdes angepasste Kondition wie auch dem angepassten Futtermengen und Futterstoffen eine wichtige Voraussetzung, das Pferd gesund zu erhalten.
Jedes Training des Pferdes muss gezielt, plan- und maßvoll, mit langsamer Steigerung der Anforderung vor sich gehen. Auch bei dreijährigen Pferden ist noch lange nicht alles ausgewachsen, sie sind in ihrer Entwicklung unfertig. Die Wachstumsfugen der Röhrenknochen sind noch für längere Zeit nicht knöchern durchgebaut, die gesamte körperliche Entwicklung (Höhe, Breite, Tiefe) ist noch längst nicht abgeschlossen.
Auch beim Pferd verläuft die körperliche Entwicklung in unterschiedlichen Abschnitten und Schüben. Manche Pferde brauchen auch eventuell etwas länger als ihre Artgenossen.
Nicht nach dem Motto : Was deiner kann, muss meiner auch können.
Ganz vorne bei den Vorbeugemaßnahmen steht, das Pferd täglich, wirklich täglich zu bewegen.
Die nach wie vor, insbesondere in Reitställen, weit verbreiteten ,,Stehtage" schaden dem Pferd ganz erheblich.
Wichtig ist auch die tägliche Kontrolle der Pferde auf Verletzungen. Dem Beschlag durch den Hufschmied ist unbedingt größte Bedeutung beizumessen.
Ohne Huf (auch im Zeitalter von Biotin) kein einsatzfähiges Pferd. Geringgradige Fehlstellungen kann man im Fohlenalter oft sehr gut korrigieren.
Korrekturen der Stellungsfehler sind im Alter leider nicht mehr möglich, darum frühzeitig drauf achten.